AUTO- UND REIFENINDUSTRIE Zukunft klopft an die Tür Bis die Visionen der schnell wachsenden neuen Autobauer, allen voran Tesla – die z. B. anstreben, dass uns unser Pkw künftig von A nach B fährt, uns bei B aussteigen lässt, sich anschließend selbstständig einen Parkplatz sucht und dort wartet, bis wir ihn über eine App wieder abrufen, um uns abzuholen –, im Alltag des Normalbürgers Realität sind, dürfte es noch einen Moment dauern. Dafür, dass wir auf dem Weg dorthin sind, gibt es jedoch immer mehr Anhalts- punkte. Und mit der flächendeckenden Einführung des 5G-Mobilfunkstandards werden solche Entwicklungen noch bedeutend öfter und eindrücklicher uns Bürger zum Staunen bringen. Aktuell lässt diesbezüglich die Vernetzung von Audi-Fahrzeugen mit den Ver- kehrsampeln in Düsseldorf aufhorchen. Wie der deutsche Autobauer Ende Januar bekannt gegeben hat, führt Audi für die Rheinmetropole in seinen Fahrzeugen den Service „Ampel-Information” ein. Bereits seit Ende Januar sehen Audi-Fahrer in ihrem Cockpit die Informationen von rund 150 Düsseldorfer Verkehrsampeln, bis zum Frühsommer dürfte sogar ein Großteil aller Düsseldorfer Kreuzungen vernetzt sein. Mit dem „Ampel-In- formationsservice”, welcher ein Teil der sich rasch entwickelnden sogenannten „Vehicle-to-Infrastructure-Services (V2I) darstellt, sollen sich Effizienz, Komfort und Sicherheit im Verkehr erhöhen. Der Audi-Ampel-Informationsdienst umfasst zwei Hauptfunktionen. Zum ei- nen errechnet der Dienst die optimale Geschwindigkeit für eine „Grüne Welle”. Kommt es trotzdem zu einem Stopp an einer roten Ampel, wird dem Audi-Fah- rer darüber hinaus angezeigt, wie viele Sekunden es noch dauert, bis die nächs- te Grünphase beginnt. Verschiedene Studien – unter anderem auch aus Ingolstadt, der ersten euro- päischen Stadt, in der Audi den Ampel-Informationsservice eingeführt hat – Audi-Cockpit mit Ampel-Information kommen zum Ergebnis, dass Autofahrer dank vernetzter Ampeln effizienter in der Stadt unterwegs sind und der Spritverbrauch um bis zu 15 Prozent gesenkt werden kann. Laut Andre Hainzlmaier, Leiter Entwicklung Apps, Connected Services und Smart City bei Audi, will der Autokonzern „den Komfort für die Fahrer verbes- sern, die Sicherheit im Verkehr erhöhen und einen vorausschauenden ökono- mischen Fahrstil fördern. Dazu müssen wir präzise vorhersagen können, wie sich Ampeln in den nächsten zwei Minuten verhalten. Die Exaktheit dieser Prognosen ist denn auch die größte Herausforderung des Ampel-Informa- tionsservices.” Audi und sein amerikanischer Projektpartner TTS – Traffic Technology Ser- vices Inc. – haben dafür einen komplexen Analysen-Algorithmus entwickelt, der die Daten von mehreren Quellen – Steuerprogramm der Signalanlagen, Daten von Verkehrsrechnern (Kameras, Bewegungsmelder usw.), Fußgän- gerstreifendrücker – ausliest, mit historischen Daten kombiniert und daraus genaue Prognosen errechnet. Das Programm ist selbstlernend und verbes- sert sich selber, z. B. durch Erkennen, wann das Verkehrsaufkommen resp. das Fußgängeraufkommen zunimmt. Die Audi-Flotte spielt die entscheidende Rolle für die Ampelprognosen. Hainzlmaier erklärt: „Die Autos senden anonymisierte Daten der Ampelüber- fahrten an einen Audi-Server. Dort wird überprüft, ob die realen Ampelüber- querungen mit den Prognosedaten übereinstimmen; nur dann werden die Ampeln für die Anzeige im Auto freigegeben.” Solche V2I-Dienste gibt es in den USA schon seit Längerem. 2016 feierte der Dienst in Las Vegas seine Premiere. Heute sind die Ampel-Informationen in Nordamerika an über 10.000 Kreuzungen verfügbar, alleine 2.000 Mal in Man- hattan, New York. 12 Folgen für die Kautschukindustrie In Bezug auf die Auswirkungen, die solche und andere Entwicklungen im Bereich der Mobilität auf die Kautschukindustrie haben werden, sei daran erinnert, dass die Mehrheit der Experten aus der Auto- und Rei- fenindustrie Folgendes erwartet: Die Zahl der zugelassenen Pkw wird weiter zunehmen – nicht nur, weil die Weltbevölkerung generell weiter zunimmt, sondern insbesondere auch, weil der Anteil der Bevölkerung, welcher sich einen eigenen Pkw leisten kann, in den kommenden Jahren über- durchschnittlich anwachsen wird. Die Zahl der Nutzfahrzeuge wird weiterhin zunehmen, weil die Transportbedürfnisse für Güter aller Art, insbesondere auch für den Privathaushalt (Amazon, Zalando etc.), stark zunehmen. Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, aber auch die „Shared Mo- bility”, bei der die individuellen Mobilitätsbedürfnisse nicht mehr mithilfe eines eigenen Autos, sondern durch Autos, die man sich mit anderen Benutzern teilt, oder durch Dienste wie Uber befrie- digt werden, dürfte dazu führen, dass das Wachstum der privat gehaltenen Fahrzeuge leicht zurückgehen wird. Gleichzeitig wird jedoch die Nutzung der zirkulierenden Fahrzeu- ge – nicht zuletzt, weil immer mehr Pkw und kleinere Nutzfahr- zeuge für „Shared Mobility” und Uber oder Uber-ähnliche Dienste gewerblich genutzt werden, stark zunehmen. Die Branchenkenner folgern daraus, dass die stärkere Nutzung auch einen höheren Verbrauch von Autos und Reifen nach sich zieht.